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76 Die Worte der auslegenden Erklärung "letztinstanzliche richterliche Prüfung der
Akte oder Entscheidungen der öffentlichen Gewalt ..." erlaubten es nicht, die Tragweite der von
der Schweiz übernommenen Verpflichtung festzustellen. Vor allem sei der Anwendungsbereich
der Erkrung unklar und offen sei auch, ob sie die tatbestandliche Seite eines Rechtsfalles
erfasse oder nicht. Die von Art. 64-1 EMRK geforderte Eindeutigkeit werde damit nicht
erfüllt
333
. Ferner würden die vorbehaltenen gesetzlichen Vorschriften nicht - wie in Art. 64-2
EMRK gefordert - aufgeführt. Trotz allfälliger praktischer Schwierigkeiten seien auch Bun-
desstaaten aus Beweis- und Rechtssicherheitsgründen verpflichtet, diese beiden materiellen
Bedingungen des Art. 64 EMRK zu erfüllen
334
. Der Gerichtshof umschrieb die Rechtsfolge der
Unwirksamkeit äusserst knapp: "At the same time, it is beyond doubt that Switzerland is, and
regards itself as, bound by the Convention irrespective of the validity of the declaration"
335
.
Dabeitte eine Reihe anderer Möglichkeiten bestanden
336
.
2. Präzisierte auslegende Erklärung
77 Die Schweiz hat auf das Urteil Belilos rasch reagiert und war auf eine "Scha-
densbegrenzung" bedacht
337
. Schon am 16.5.1988 hat sie - mit Wirkung ab dem Urteilstag
(29.4.1988) - eine neue, auf den "zivilrechtlichen" Anwendungsbereich eingeschränkte Fassung
ihrer auslegenden Erklärung hinterlegt
338
. Damit wurde der Sachbereich der strafrechtlichen
Anklagen vollumfänglich von Art. 6 EMRK erfasst
339
. Die präzisierte Erklärung verstand unter
"letztinstanzlicher richterlicher Prüfung" eine auf die Rechtsanwendung beschränkte richterliche
333
Urteil Belilos, ECHR Series A 132, § 55.
334
Urteil Belilos, ECHR Series A 132, § 58. Es handelt sich also nicht um eine einfache Formvorschrift; der
Gerichtshof hat diese Auffassung im Urteil Weber, ECHR Series A 177, § 38 bestätigt.
335
Urteil Belilos, ECHR Series A 132, § 60.
336
Vgl. näher Cameron/Horn, Reservations 115ff und die vor dem Urteil Belilos geschriebenen, interessanten
Ausführungen von Wildhaber, der die Tragweite des Problems und die Folgen vorausgesehen hat, IntKom, N.
595ff, insb. N. 648 und 659. Frowein Jochen, Reservations of the European Convention on Human Rights, in:
Studies in honour of Gérard J. Wiarda, Köln usw. 1988, S. 193ff.
337
Der innenpolitische Druck war erheblich: Im Ständerat wurde im Gefolge dieses Urteils das Postulat Danioth auf
"vorsorgliche" Kündigung der Konvention durch die Schweiz mit 16 zu 15 Stimmen knapp abgelehnt, Amtl Bull
S 1988 554ff; Haefliger, Menschenrechtskonvention 43. Vgl. auch Amtl Bull S 1988 410ff, insb. 411 betreffend
Nichterneuerung bzw. Widerruf der Erklärungen gemäss Art. 25 und 46 EMRK. Siehe zu weiteren
abenteuerlichen Vorschlägen, um das Urteil Belilos zu umgehen, vgl. Votum Wildhaber, in: Matscher (Hrsg.),
Verfahrensgarantien 166f. Vgl. zu Widerständen in andern Staaten gegen "Strassburg": Abraham, Incidences
415.
338
AS 1988 1264. Siehe das Schreiben von Bundesrätin Kopp v. 6.6.1988 an die kantonalen Justizdepartemente,
SJIR 1988 272ff.
339
Vgl. BGE 115 Ia 183, insb. 187ff. Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde vermag ein kantonales
Administrativstrafverfahren im Hinblick auf Art. 6-1 EMRK nicht zu heilen, anders noch BGE 111 Ia 267.
Daher blieb im B 12425/86, S. gegen die Schweiz, EuGRZ 1991 507 (ohne Gerichtskontrolle vom
Gesundheitsdepartement des Kantons Wallis auferlegte Geldstrafe von 120.- Fr.) der Schweiz nicht anderes als
eine gütliche Einigung mit der Beschwerdeführerin übrig. Ansonstentte sie eine erneute Verurteilung riskiert.