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§ 4 Auslegende Erkrung und Vorbehalt zu Art. 6-1
EMRK [S. 79]
I. Unltigkeit der auslegenden Erklärungen
1. Ungültigkeit der auslegenden Erklärung
75 Im Urteil Belilos
328
hat erstmals eine internationale Instanz über die ltigkeit
einer auslegenden Erkrung bzw. eines Vorbehaltes zu einem völkerrechtlichen Vertrag
befunden. Dabei ging es um die Wirksamkeit der auslegenden Erklärung der Schweiz zu Art. 6-1
EMRK, wonach in bezug auf Streitigkeiten über zivilrechtliche Rechte und Pflichten oder die
Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage nur eine letztinstanzliche richterliche Prüfung der
Akte oder Entscheidungen der öffentlichen Gewalt stattfinde
329
. Der Gerichtshof hat die
auslegende Erklärung nicht als reine Interpretationserklärung gelten lassen
330
, sondern die Frage
nach ihrer Rechtsnatur offen gelassen
331
. Er hat darauf hingewiesen, dass - selbst wenn die
Erklärung einen echten Vorbehalt darstelle - sie gegen zwei zwingende Erfordernisse des Art. 64
EMRK (Verbot allgemeiner Vorbehalte und kurze Inhaltsangabe des betreffenden Gesetzes)
verstosse, "with the result that it must be held to be invalid"
332
.
328
ECHR Series A 132. Das vorinstanzliche Bundesgerichtsurteil ist in der amtlichen Sammlung publiziert: BGE
108 Ia 313 = Pr 1983 Nr. 261. Das Urteil ist in der Literatur vielfach und eingehend dargelegt worden, so dass es
an dieser Stelle vorausgesetzt werden muss, vgl. Oeter, Erklärung 514; van Dijk/van Hoof, Convention 607ff;
Villiger Mark, Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall Belilos gegen die
Schweiz, Recht 1989 59ff und insbesondere die Studie von Cameron/Horn, Reservations 69ff, die alle Aspekte
des Urteils ausgeleuchtet hat, insbesondere diejenigen Möglichkeiten, die der Gerichtshof im Urteil gar nicht in
Betracht gezogen hat.
Die Gültigkeit einer andern auslegenden Erklärung der Schweiz zu Art. 6 Abs. 3 lit. c und e EMRK stand im B
9116/80, Temeltasch c. Suisse, zur Debatte, vgl. DR 31, 120 oder ZaöRV 1983 834ff oder EuGRZ 1983 150.
Vgl. Wildhaber Luzius/Wagner Beatrice, Der Fall Temeltasch und die auslegenden Erklärungen der Schweiz,
EuGRZ 1983 145ff. Die Kommission stellte damals die Gültigkeit dieser Erklärung nicht in Frage, weil sie
hinreichend klar sei. Vor dem Hintergrund der Urteile Belilos, ECHR Series A 132, §§ 52-60 und Weber, ECHR
Series A 177, §§ 36-38 erachtete das Bundesgericht den Vorbehalt als problematisch, weil die Erklärung "ne
comporte pas un bref exposé des lois que l'Etat signataire a ainsi entendu mettre à l'abri des exigences
conventionnelles", vgl. unpubliziertes Urteil, BGr v. 17.12.1991, G.F. c. Cour de justice du canton de Genève,
RUDH 1992 179 oder SZIER 1992 487f (nicht in BGE enthalten).
329
Vgl. den vollen Wortlaut der ursprünglichen Erklärung: AS 1974 2173.
330
Wie noch die Kommission, vgl. B 10328/83, Belilos c. Suisse, ECHR Series A 132, S. 38ff, § 102. Die
auslegende Erklärung kann sachlich richtig oder falsch sein; die Konventionsorgane vermag sie in der
Auslegung nicht zu binden.
331
Vgl. Urteil Belilos, ECHR Series A 132, § 49.
332
Vgl. Urteil Belilos, ECHR Series A 132, § 60, vgl. auch § 51. Die schweizerische Literatur hat bis zu diesem
Urteil stets die gegenteilige Meinung vertreten; vgl. Wildhaber, IntKom, N. 595ff, insb. N. 630ff zu Art. 6
EMRK m.w.H.; Thürer, Verwaltungsverfahren 259ff; einzig Brändle Dieter, Vorbehalte und auslegende
Erklärungen zur Europäischen Menschenrechtskonvention, Diss. Zürich 1978, S. 113f hielt die interpretative
Erklärung für unltig.