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II. Erstinstanzliche Gerichtszusndigkeit oder gerichtliche
Nachkontrolle bei erstinstanzlicher Verwaltungszusndigkeit
59 Eine erstinstanzliche Anwendung des Verwaltungsrechts durch die Gerichte ist
für das Verwaltungsrecht atypisch
255
. Die wenigen Ausnahmen rühren von einem besonderen
Rechtsschutzinteresse
256
oder von der Fiskustheorie
257
her. In aller Regel sind erstinstanzlich
Verwaltungsbehörden zuständig
258
.
Art. 6-1 EMRK gewährleistet ein Recht auf Zugang zu einem Gericht
259
; damit zwingt er die
Vertragsstaaten nicht, schon erstinstanzlich Gerichte mit entsprechenden Verfahrensgarantien
vorzusehen
260
. Viele Staaten haben allerdings in der Straf- und Zivilrechtspflege diese
Lösung getroffen, indem in diesen Rechtsgebieten die ("ordentlichen") Gerichte zuständig
sind. Im Bereich des Bagatellstrafrechtes, des Jugendstrafrechtes, des Disziplinarrechtes, der
freiwilligen Gerichtsbarkeit und vor allem des Verwaltungsrechtes sind meistens
erstinstanzlich Verwaltungsbehörden zuständig. Die Rechtsweggarantie des Art. 6-1 EMRK
hebt diese Ordnung nicht aus den Angeln. Sie sichert aber r ihren Anwendungsbereich eine
hinreichende gerichtliche Nachkontrolle der verwaltungsbehördlichen Handlungen und
Entscheide.
dem Gerichtshof anhängig.
255
Charakteristisch in diesem Sinne Art. 1 VStrR, wonach das Verwaltungsstrafrecht nur dann zur Anwendung
kommt, wenn die Verfolgung und Beurteilung einer Widerhandlung einer Verwaltungsbehörde übertragen ist.
256
Namentlich bei schwerwiegenden Eingriffen. So erlaubt der Kanton Bern in Art. 16 Abs. 1 KV BE die Entfernung
eines Beamten oder öffentlichen Angestellen nur aufgrund eines richterlichen Urteils (die Garantie fehlt aber im
Verfassungsentwurf vom 31.1.1992). Die entsprechenden Garantien der Art. 63 KV NE und 71 Abs. 2 KV VDr
Justizbeamte schützen vor allem die richterliche Unabhängigkeit. Es handelt sich nicht bloss um
Rechtsweggarantien, sondern um Garantien einer anfänglichen Gerichtszuständigkeit.
257
Vgl. Schmuckli, Fairness 58f m.w.H.; namentlich in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, in denen nicht vergt
werden kann, wird die verwaltungsrechtliche Klage vorgesehen, vgl. z.B. Art. 116ff OG oder z.B. § 60ff VRP
AG, Art. 65ff VRP SG oder Art. 121ff VRP FR.
258
Vgl. Frowein, Überprüfungsbefugnis 142.
259
Vgl. N. 1f.
260
Vgl. zu den beiden Arten (erstinstanzliche Gerichtszuständigkeit oder Weiterzugsmöglichkeit von verwaltungs-
behördlichen Entscheiden an ein Gericht), dem Art. 6-1 EMRK gerecht zu werden, vgl. Urteil Le Compte a.o.,
ECHR Series A 43, § 51; Urteil Le Compte a.o., ECHR Series A 58, § 29; Urteil Lutz, ECHR Series A 123, § 57;
Urteil Öztürk, ECHR Series A 73, § 56; vgl. ebenso BGr v. 19.4.1990, SZIER 1991 405; vgl. auch
Frowein/Peukert, Kommentar, N. 37 Anm. 1 und N. 38 zu Art. 6 EMRK; Khol, Implications 638, § 6.